Sexuelle Gewalt. Sie kann jedem passieren. Egal ob Junge oder Mädchen. Egal zu welcher Uhrzeit oder an welchem Ort. Sie passiert ohne Vorwarnung und bleibt für immer. Statistisch gesehen ist jedes vierte Kind in Deutschland Opfer von sexualisierter Gewalt. Dabei kommen ca. 80 Prozent der Täter aus dem nahen Umfeld oder gar der eigenen Familie.
Heute erzähle ich euch von einem kleinen Mädchen, der genau so etwas passiert ist. Sie wurde Opfer sexualisierter Gewalt durch ein Familienmitglied.
Herbst im Jahr 2002. Es war ein dunkler Oktobertag. Die Stimmung in der Familie war so schlecht wie das Wetter draußen. Wieder einmal haben sich die Eltern des kleinen Mädchens gestritten. Wieder einmal haben sie dem kleinen Mädchen Angst gemacht. Sie hatte Angst, dass sich ihre Eltern erneut trennen würden, denn seit ein paar Jahren kam das hin und wieder vor. Langsam neigte sich der Tag dem Ende zu, der Abend brach an. Schlafenszeit. Noch ahnte das kleine Mädchen nicht, dass diese Nacht ihr Leben verändern würde – für immer. Das kleine Mädchen legte sich in ihr Bett und schlief ein. Doch mitten in der Nacht wurde sie wach. Ihre Eltern stritten sich erneut. Türen knallten. Das Mädchen stand auf um zu schauen, ob alles in Ordnung ist. Doch das war es nicht. Ihr Vater lag mit einer Matratze im Wohnzimmer. Ihre Mutter hatte sich zu ihren Geschwistern gelegt. Sie wollte nicht allein sein. Das Mädchen wollte dies auch nicht mehr und fragte deshalb ihren Vater ob sie sich zu ihm legen darf. Ihr Vater stimmte zu. Nun lag sie da, nahm ihren Vater in den Arm und schlief wieder ein. Doch kurze Zeit später wurde sie wieder wach. Ihr Vater brabbelte wütend in sich hinein, der Fernseher lief laut. Es lief das A-Team, das weiß sie bis heute noch genau. Plötzlich drehte sich der Vater zu dem Mädchen und sagte ihr: “Kleines, wenn deine Mutter mich nicht mehr will, musst du eben herhalten.“ Das kleine Mädchen hatte keine Zeit diesen Satz zu begreifen, denn in dem Moment fing es auch schon an. Er packte sie fest an den Armen, zog sie nah an sich heran und begann sie zu streicheln. Erst an der Brust, dann am Bauch und dann zwischen den Beinen. Das kleine Mädchen erstarrte. Sie wusste, dass das nicht richtig ist, denn es fühlte sich so falsch an. Mit einem Ruck zog er das Mädchen noch näher an sich. Das Mädchen weinte. Es tat weh…unendlich weh. Doch nicht ihr Körper empfand den größten Schmerz, es war ihre Seele. Ihre kleine reine Kinderseele, die in dieser Nacht auseinander gerissen wurde. Vier Jahre lang kam es immer wieder zu Übergriffen. In dieser Zeit vertraute das kleine Mädchen sich ihrer Mutter an, doch diese tat nichts außer „Er liebt dich eben mehr als mich“ zu sagen. Das kleine Mädchen zerbrach über die Jahre innerlich. Wie soll sie so weiterleben? Wie soll sie diesen Schmerz ertragen? Sie dachte über vieles nach. Über das Leben. Über den Tod. Doch sie wollte nicht so schnell aufgeben. Irgendwer musste ihr doch helfen können…
September 2007
Das kleine Mädchen war an einem Punkt an dem sie nicht weiter wusste. Sie konnte keine Liebe mehr empfinden. Ihre Seele verwahrloste immer mehr. Doch ihre Hilferufe sollten nicht länger ungehört bleiben. Sie begegnete einer Frau. Hilfsbereit, voller Liebe und stark. Dieser Frau vertraute sie sich an. Sie glaubte ihr und zog die Notbremse.
2008
Der Vater des kleinen Mädchens musste sich nun vor Gericht verteidigen. Doch um einer hohen Strafe zu umgehen, legte er ein Geständnis ab. Er kam auf Bewährung frei. Für das kleine Mädchen zerbrach eine Welt. Wie kann so ein Mensch ohne jegliche Einschränkungen normal weiterleben, währenddessen ihr Leben ein Scherbenhaufen war? Wie geht so etwas? Doch noch viel größere Sorgen machte sie sich um ihre Geschwister, die noch bei ihm lebten. Würde so etwas auch ihnen passieren?
Februar 2009
Das kleine Mädchen und die starke Frau schafften es die kleinen Geschwister zu retten. Sie holten sie aus der Familie raus. Doch lange hielt die Euphorie nicht. Schnell wurden die schlimmsten Befürchtungen wahr. Auch ihnen sind furchtbare Dinge zugestoßen.
Ein paar Jahre später wurde der Vater der Mädchen wieder verurteilt. Dieses Mal jedoch wirklich. Fünf Jahre muss er für das büßen müssen, was er getan hat. Fünf Jahre für so viele zerstörte Leben.
Warum ich euch heute von diesem kleinen Mädchen erzähle?
Die fünf Jahre sind nun in ein paar Tagen vorbei. In dieser Zeit ist viel passiert. Sie konnte eine Therapie machen. Durfte erwachsen werden. Hat gelernt zu lieben und sogar eine eigene Familie gegründet. Diese fünf Jahre haben ihr ihre Kindheit nicht zurückgegeben, jedoch ihr Leben.
Das kleine Mädchen ist nun eine Frau. Eine Frau voller Liebe für ihre Kinder. Sie möchte euch ermutigen wachsam zu sein, denn es passiert oft dort wo man es nicht erwartet – im engen Bekanntenkreis oder der Familie. Sie möchte an euch appellieren zu handeln, falls ihr etwas mitbekommt. Sie möchte euch sagen, dass es wichtig ist zu reden. Sich jemanden anzuvertrauen falls euch so etwas passiert oder ihr Ängste habt. Sie möchte euch ermutigen euch nicht zu verstecken, zu schämen oder gar selbst dafür verantwortlich zu machen. Sie möchte euch zeigen, dass ihr nicht allein seid.
{Das kleine Mädchen, das bin ich.}
Anlaufstellen
Hilfe findet ihr nicht nur bei Vertrauenspersonen. Es gibt auch verschiedene Institutionen, die genau dafür geschult und für euch da sind.
Unter der Nummer 0800-22 55 530 kann man kostenfrei und anonym anrufen (Sprechzeiten: Mo, Mi, Fr: 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr Di, Do: 15.00 Uhr bis 20.00 Uhr)
Die Seite „Hilfeportal Missbrauch“ bietet die Möglichkeit Beratungsstellen per PLZ-Suche in deiner Nähe zu finden. Dort kannst du die Beratungsstelle nach persönlichem Bedarf auswählen.
Auch „Der weisse Ring“ oder die „Dunkelziffer e.V“ bieten Hilfe für Opfer an.
Liebe Janina
Ich bin sprachlos. Wütend und frage mich warum! Danke fürs teilen deiner Geschichte. Es ist schön zu sehen, wie stark du mit deiner Vergangenheit umgehst. Toll wie du dafür kämpfst und darauf Aufmerksam machst.
Liebe Grüsse Miriam
Hallo Miriam,
ich danke dir für deine Worte und hoffe, dass ich genau das schaffe: Die Aufmerksamkeit auch Mal auf ein Thema zu lenken, welches nicht zu den schönen Seiten des Lebens gehört.
Liebe Grüße
Janina
Liebe Janina,
ich bin erschüttert und traurig,. Es tut mir so leid.
Und ich bin voller Bewunderung für deine Stärke und ich finde es so wichtig, dass du darüber sprichst.
Ich sende dir eine Umarmung,
Janina
Liebe Janina,
ich danke dir für deine Worte. Ich hoffe einfach, dass diesem Thema etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Liebe Grüße
Janina
Ich sitze hier mit Tränen in den Augen und kann diese Geschichte kaum begreifen!
Es tut mir so leid dass du so etwas unvorstellbar schlimmes durchmachen musstest! Niemand auf der Welt sollte so etwas erleben und doch passiert es so oft.
Danke für das teilen deiner Geschichte! Du bist eine so starke Frau!
Liebe Denise,
das ist wahr. Es passiert viel zu oft und deshalb sollten wir immer wieder darauf aufmerksam machen. Allein um unsere Kinder zu schützen.
Liebe Grüße
Janina
Ich habe am ganzen Körper Gänsehaut. Du bist eine unglaublich starke Frau und machst mit deiner Geschichte sicherlich vielen anderen Opfern Mut!
Liebe Martina,
vielen Dank für deine Worte. Das hoffe ich.
Liebe Grüße
Janina
Danke, dass du deine Geschichte teilst. Auf der einen Seite macht es mich sehr traurig, denn niemand (!) sollte so etwas erleben müssen. Aber es macht mir auch Mut, dagegen aufzustehen und sich auch für andere einzusetzen. Wir alle sollten achtsam sein und uns vor Augen führen, dass wir froh sein können, wenn uns so etwas nicht passiert ist. (So deprimierend das auch klingt. Aber es passiert einfach zu oft).
Ich freue mich, dass du damit heute umgehen kannst und wünsche dir, dass diese dunkle Zeit dich nie wieder zu sehr einholt und du deinen Kindern zeigen kannst, was wahre Liebe ist und was sie beinhaltet. <3
Hallo,
Ich glaube das Du eine unglaublich starke Frau bist! Ich bewundere es sehr das du so über deine Vergangenheit sprechen konntest.
Ich weiß was du erlebt hast, kann spüren was du durchgemacht hast…weil ich es selber durchgemacht habe… Doch im Gegensatz zu dir, war und bin ich nicht so stark. Ich habe immer alles gegen mich gerichtet und verletzte mich selbst…Ich bewundere dich und wünsche dir, das du nie wieder so etwas schreckliches durch machen musst.
Ich habe Tränen in den Augen. Ich wünsche dir (und all den Opfern), dass ihr an eurer Geschichte nicht (mehr weiter) zerbrechen mögt. Eure Kraft ist unglaublich und ich wünsche dir dass du für immer stark bleiben kannst. Es ist so unvorstellbar. Allein der Gedanke lässt mein Inneres zusammenziehen.
Danke für diesen Artikel – es rüttelt wach und lässt vieles unbedeutsam werden. Ich wünsche dir alles alles Liebe!
Ich kann Dir nicht sagen wie groß ich gerade Wut und Ekel und Traurigkeit empfinde…
Ich sitze hier und weine.
Ich bin wütend und fassungslos darüber, dass das Gesetz es erlaubt, sich so aus allem rauszureden. Keine wirkliche Strafe bekommt. Für das, was eigentlich das furchtbarste auf der Welt ist. Wie kann eine Mutter so gemein und schrecklich sein. Wie kann über Jahre ein Kind so leben. Mit der Angst, mit so einer zerstörten Kindheit. Ich lebe manchmal schon mit der Angst meiner Eltern. Ich habe Panik, wenn sie sich anschreien und ich möchte mir nicht vorstellen müssen, wie furchtbar so eine Kinderseele darunter leidet. Wie bewundernswert ich es finde, was für eine starke Frau du geworden bist, doch stark warst du schon immer. Du warst die, die für ihre Eltern alles gut machen wollte. Die das Wohl von anderen über ihr einiges gestellt hat. Doch was für eine wundervolle Frau und Mutter du bist das strahlst du mit allen aus.🖤Bleib immer so wie du bist. Du bist der mutigste und stärkste Mensch den ich kenne🖤 Danke das es dich gibt und das du dich traust darüber zu schreiben 🖤
Es bricht mir das Herz. Mir ist ganz schlecht von der Grausamkeit dieses schrecklichen Menschens.
Schön, dass du jetzt so einen lieben Ehemann hast und bezaubernde Kinder.
Alles Liebe für euch und vor allem für dich ♡